Beitragsanpassungsklagen in der privaten Krankenversicherung beschäftigen die Gerichte seit mehreren Jahren. Nachdem der BGH hierzu bereits einige richtungsweisende Urteile gefällt hat, betrifft die aktuelle Entscheidung den Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers hinsichtlich zurückliegender Beitragsanpassungen. Der BGH klärt außerdem die Frage, ob ein Vorgehen im Wege der Stufenklage zulässig ist.
Der Fall
Der Kläger wendete sich gegen Beitragsanpassungen seines privaten Krankenversicherers. Er forderte unter anderem Auskunft über Beitragsanpassungen, die der Versicherer in den Jahren 2013 bis 2016 vorgenommen hatte, und machte im Wege der Stufenklage die Feststellung der Unwirksamkeit der Erhöhungen und Rückzahlung der anteiligen Erhöhungsbeiträge geltend. Dieses Vorgehen, bei dem sich VN auf einen Auskunftsanspruch aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) berufen, ist in zahlreichen Beitragsanpassungsprozessen anzutreffen.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH entschied, dass aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen nebst Anlagen folgt, da es sich hierbei nicht um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO, da diese Norm nach einem aktuellen Urteil des EuGH (vom 04.05.2023, C-487/21) keinen Anspruch auf Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente begründet. Auch andere Anspruchsgrundlagen, die von den Klägervertretern ins Spiel gebracht wurden, wie § 3 Abs. 3, § 3 Abs. 4 VVG oder § 810 BGB, stützen das Auskunftsbegehren nicht.
Allerdings kann sich, so der BGH, ein Anspruch auf Auskunft über zurückliegende Beitragsanpassungen aus § 242 BGB ergeben. Voraussetzung ist, dass ausreichende Anhaltspunkte für das Bestehen eines Hauptanspruchs bestehen, der Kläger nicht mehr über die Unterlagen verfügt und er sich in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Unklaren befindet. Das Gericht muss dann unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beurteilen, ob dem VN ausnahmsweise ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zusteht.
Der BGH entschied auch, dass der VN nicht im Wege der Stufenklage vorgehen kann, da deren Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 254 ZPO nicht vorliegen. Demzufolge sind sowohl der bislang nicht konkretisierte Feststellungsantrag als auch der unbezifferte Zahlungsantrag unzulässig. Dies wiederum hat nicht nur Konsequenzen für die gerichtliche Entscheidung über die Klage, sondern auch für die Verjährung, die durch die Einlegung der unzulässigen Stufenklage nicht gehemmt wird.
Ausblick
Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf laufende Beitragsanpassungsprozesse, in denen VN im Wege der Stufenklage Auskunfts-, Feststellungs- und Zahlungsansprüche geltend machen.
Das Urteil klärt, dass die oft eingereichten Stufenklagen unzulässig sind und somit die Verjährung der geltend gemachten Rückerstattungsansprüche nicht gehemmt wird. Außerdem bestätigt der BGH, dass kein „voraussetzungsloser“ Anspruch auf Auskunft über zurückliegende Beitragsanpassungen aus §§ 3 VVG, 810 BGB, Art. 15 DSGVO besteht. Ein solcher kommt lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 242 BGB in Betracht. Dies wird nun anhand der jeweiligen Gegebenheiten im Einzelfall zu entscheiden sein.
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