von Dr. Jan Finzel, Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Versicherungsrecht
Nachdem das Coronavirus seit einiger Zeit zu einem massiven Stillstand der wirtschaftlichen Betätigung vieler Berufszweige geführt hat, stellt sich zunehmend die Frage, ob für die materiellen Verluste eine Versicherung in Anspruch genommen werden kann.
Für Vermieter regelt der kürzlich eingeführte Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB eine Beschränkung der Kündigung von Mietverhältnissen, wenn der Mieter im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 die Miete aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht zahlt. Die Verpflichtung zur Zahlung der Miete bleibt also grundsätzlich bestehen.
Bei gewerblicher Vermietung stellt sich allerdings die bereits heiß diskutierte Frage, ob überhaupt noch die Miete geschuldet ist, wenn das Mietobjekt zum Betrieb eines bestimmten Geschäfts vermietet wurde, und dieser aufgrund einer behördlich angeordneten Betriebsschließung nicht mehr möglich ist. Rechtlich kann dies eine vorübergehende Unmöglichkeit der Überlassung der Mietsache zu dem vertraglich vereinbarten Zweck darstellen, was wiederum zu einer Reduzierung oder gar Aufhebung der Miete führen kann.
In diesem Fall wird sich der Vermieter fragen, ob die von ihm möglicherweise abgeschlossene Mietverlustversicherung eintrittspflichtig ist. Diese greift allerdings nur dann, wenn die Versicherung auch für pandemiebedingte Mietausfälle abgeschlossen wurde. Nach den üblichen, vom GDV empfohlenen Bedingungen für die Mietverlustversicherung (ABM 2010) ist dies nicht der Fall; versicherbar sind hiernach nur die üblichen Gefahren wie etwa Brand, Leitungswasser, Sturm und Hagel. Im Regelfall wird sich der Vermieter daher an den Mieter halten müssen.
Betriebsinhaber, die derzeit erhebliche Einkommensverluste verzeichnen, werden zunächst an ihre Betriebsunterbrechungsversicherung denken. Die Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung schützt allerdings, wie der Name schon sagt, nur gegen Ertragsausfälle, die auf den üblichen Feuer-Gefahren wie etwa Brand, Blitzschlag, Explosion etc. beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 FBUB). Pandemiebedingte Verluste sind weder hier noch in den Verbandsempfehlungen des GDV für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuer-Betriebsunterbrechung-Versicherung (ECBUB 2010) aufgeführt. Allerdings muss stets überprüft werden, ob im Einzelfall durch Zusatzklauseln eine Deckungserweiterung (z.B. All-Risk-Deckung, Force-Majeure-Klausel) vereinbart wurde.
Häufig haben Betriebe, die Lebensmittel verarbeiten (Restaurants, Industrie- und Fabrikationsbetriebe), eine Betriebsschließungsversicherung vereinbart. Hier kommt es auf die genaue Formulierung der Klauseln in den Versicherungsbedingungen an. Wenn beispielsweise eine Betriebsschließung versichert ist, die auf gem. §§ 6, 7 IfSG meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger beruht, dürfte Versicherungsschutz bestehen, da die Meldepflicht auch für das Coronavirus gilt. Komplizierter ist es jedoch, wenn in den Versicherungsbedingungen einzelne Krankheiten und Krankheitserreger konkret aufgeführt werden. In einem solchen Fall stellt sich die weitere Frage, ob ein Schadensersatzanspruch gegen den Versicherer und den Versicherungsvermittler besteht, wenn dieser nicht auf die Deckungslücke hingewiesen hat. Dies ist letztlich anlassbezogen zu ermitteln.
In den medizinischen Berufen sind in der Regel Praxisausfallversicherungen bzw. Betriebsausfallversicherungen anzutreffen. Diese decken in der Regel zunächst die üblichen Gefahren ab wie etwa Feuer, Einbruchsdiebstahl, Leitungswasser, Sturm und Hagel. Zu überprüfen ist bei diesen Verträgen, ob auch Versicherungsschutz für den Ausfall aufgrund behördlich angeordneter Quarantäne vereinbart wurde.
Die Einzelheiten sind in allen Fällen umstritten. Es kommt stets auf den Einzelfall und die genauen Vereinbarungen und Formulierungen im jeweiligen Versicherungsvertrag an.
Sind Sie von einer Betriebsschließung betroffen und verfügen über entsprechende Versicherungen? Wir prüfen gern Ihre Versicherungsverträge und unterstützen Sie bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche.
Wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen möchten, klicken Sie bitte hier.
Dr. Finzel, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Versicherungsrecht